800 Jahre Alsfeld jubelt (2022)

Einblick in die Sonderausstellung "800 Jahre - Alsfeld jubelt!" zum Alsfelder Stadtjubiläum 2022. Schlanke stählerne Vitrinenkörper bilden den Rahmen der Präsentation. Immer ein Objekt steht für einen konkreten Jubel-Anlass der Alsfelder Stadtgeschichte. Die dazugehörigen spannenden und facettenreichen Geschichten können Besucherinnen und Besucher im Begleitheft zur Ausstellung oder über QR-Codes entdecken. "Alsfeld ummauert". Das Stadtmodell steht für den Bau der Stadtbefestigung, der 1384 abgeschlossen wurde. Einer der Ausstellungsräume in der Gesamtansicht. Die Ausstellung ist 2022 auf zwei kompletten Etagen des Stadtmuseums Alsfeld im frisch sanierten Neurath-Haus zu sehen. 2022 feiert Alsfeld 800 Jahre Stadtgeschichte. Denn in einer Urkunde aus dem Jahr 1222 werden erstmals Alsfelder "Bürger" erwähnt. Es muss allerdings offen bleiben, ob Alsfeld als Stadt nicht schon älter ist. Ein großes Fragezeichen verweist in der Ausstellung darauf.
Im März 1945 Rücken US-Truppen auf Alsfeld vor und befreien die Stadt. Die ausgestellte Artillerie-Kartusche verweist darauf, dass Alsfeld in diesem Zusammenhang beinahe verheerend bombardiert worden wäre. 1832 wird Alsfeld Kreisstadt. Doch im Zuge der Gebietsreform verliert Alsfeld 1972 die Kreisstadtfunktion an das benachbarte Lauterbach. Ein bis heute heikles Thema. Raumansicht eines weiteren Ausstellungsraumes Ein Tachymeter zur Landvermessung und eine elektrifizierte Laterne verweisen auf den beginnenden Chausseebau im 19. Jh. und den Bau des E-Werkes im Jahr 1900. Im Hintergrund das Gemälde von der Beschießung Alsfelds im Hessenkrieg 1646 - eines der Highlights aus der Sammlung des Stadtmuseums Alsfeld.
1861 wird in Alsfeld die erste Realschule eröffnet. Das Gemälde "Hessische Schulkinder" von Richard Hölscher steht für dieses Ereignis. 1857 wird in Alsfeld die Weberei Grünewald gegründet. Die Textil- und Bekleidungsindustrie ist für Alsfeld über lange Zeit hinweg von großer Bedeutung. Ein besonderes - und vor allem seltenes - Exponat ist die ausgestellte Tuchschere. Der Geschichts- und Museumsverein Alsfeld hat eine lange Tradition. Als "Geschichts- und Althertumsverein" 1897 gegründet, eröffnete er bereits 1898 im Alsfelder Weinhaus ein Museum. Die Muschelschale mit Putto-Figur erinnert daran. "Alsfeld ackert!" Denn 1872 wurde hier die "Äckerbauschule" gegründet. Das wird anhand des ausgestellten Modells eines Stelzpfluges thematisiert.
1525 war Alsfeld im Mittelpunkt des Geschehens im Bauernkrieg. Landgraf Philipp der Großmütige hielt hier einen Landtag ab. Dort verischerte er sich der Treue der Alsfelder Bürger bevor er die Bauernaufstände verheerend niederschlagen ließ. Dreschflegel und Sense erinnern an dieses blutige Kapitel. 1429 bestätigt  Landgraf Ludwig I., genannt „der Friedfertige“ im sogenannten "Korebrief" unter anderem das Recht der Zünfte, vier Meister in den Stadtrat zu entsenden. Der Brief gilt bis 1821 als Stadtverfassung, in der bereits frühe Formen bürgerlicher Mitbestimmung festgeschrieben waren. Dieser Haufen Aufkleber mit der Aufschrift "Alsfeld soll die Kreisstadt sein" verweisen auf ein heikles Thema der Alsfelder Stadtgeschichte: Im Zuge der Gebietsreform verliert Alsfeld 1972 die Kriesstadtfunktion an Lauterbach. Raumansicht eines weiteren Ausstellungsraumes
Diese Lehrtafel zum Klosterleben steht für die Ansiedlung von Augustinermönchen in Alsfeld im Jahr 1309 und die Entstehung des für die Stadt bedeutenden Augustinerklosters. Im Hintergrund ist eine Uniformjacke des Bundesgrenzschutzes zu sehen. Alsfeld war von 1960 bis 1998 ein Standort der Grenzschutztruppe des Bundes. Auf das Jahr 1355 sind die ältesten erhaltenen Alsfelder Zunftbriefe zu datieren. Die Zunftlade, die aus dem Alsfeld um 1600 stammt, erinnert an die einst so große Bedeutung der Zünfte. Detailansicht der Lehrtafel zum Klosterleben. Unten ist außerdem ein Auszug aus dem "Generalprotokoll" vom 4. Dezember 1941 zu sehen, aus dem hervorgeht, dass Alsfeld nun frei von Juden sei. Auch solche dunklen Kapitel der Alsfelder Stadtgeschichte werden nicht ausgespart und an einigen Stellen in der Ausstellung thematisiert. Eine Teilansicht des Raumes. Hier zu sehen: Uniform des Bundesgrenzschutzes, Zunftlade sowie ein Bild der Gründungsmitglieder des GMV. Denn auch der Verein feiert 2022 Jubliäum: 125 Jahre GMV! Herzlichen Glückwunsch!
Nach dem Zweiten Weltkrieg flüchten zahlreiche Menschen nach Westdeutschland. Es fehlte an Wohnraum. 1948 wird in Alsfeld die Gemeinnützige "Bau- und Siedlungsgenossenschaft" gegründet. In den 1950er Jahren gelang es, 277 Wohnungen in Alsfeld zu errichten. Damit wuchs die Stadt beträchtlich an. Kinderwagen und Koffer erinnern hieran. 1896 beginnt der Aufbau der städtischen Wasserversorgung. Das klingt aus heutiger Perspektive gut. Doch damals formierte sich zunächst unter dem Motto "Brouche mer e Wasserleiring - mehr ho de Bomb verm Haus" Widerstand. Das zeigt auch das ausgestellte Tuch mir der Aufforderung, gegen den Bau der Wasserleitung zu stimmen. Trotz dieser Proteste wurde 1896 mit dem Bau begonnen. Die Alsfelder werden sich dann sicher schnell daran gewöhnt haben. Alsfeld in einer Reihe mit Städten wie Aachen, Frankfurt, Nürnberg und Straßburg? Ja, denn 1255 wurde Alsfeld Mitglied im "Rheinischen Städtebund", der u.a. die Aufhebung der Rheinzölle zum Ziel hatte. Dies bleib allerdings wenig folgenreich, denn der Bund löste sich bereits 1257 wieder auf. Hut für einen Postillon der Deutschen Reichspost, um 1890. Dieses Objekt erinnert daran, dass Alsfeld bereits im Jahr 1715 Poststation der Postkutsche von Frankfurt nach Eisenach wurde.
Zwei besondere Objekte aus der Sammlung des Stadtmuseums Alsfeld: Das Taufbecken aus der Klosterkirche von 1707, das auf die Einweihung der restaurierten Klosterkirche als Dreifaltigkeigtskirche verweist und die mit schwarz-rot-goldenen Streifen verzierte Weste Theodor Rehs, des letzten Präsidenten der Frankfurter Nationalversammlung 1848/49. Heinrich Reh, der Sohn Theodor Rehs, war Anwalt in Alsfeld und schenkte dem GMV die Weste seines Vaters. Eine andere Perspektive auf das Taufbecken. Im Vordergrund das Wappenschild von Hessen-Darmstadt, an das Alsfeld 1604 fiel. Detailansicht der Weste von Theodor Reh. Hier schön zu sehen: Die schwarz-rot-goldenen Verzierungen. Auch 1922 wurde schon gejubelt. Damals blickte man auf 700 Jahre Stadtgeschichte zurück. Und auch sonst geht es in Alsfeld lustig, besser gesagt "närrisch" zu. Denn auch Karneval wird hier gefeiert. Der Elferrat-Blazer mit dem Hausorden eines Sitzungspräsidenten des 1969 gegründteten Alsfelder Carneval Clubs steht für diese Tradition.
1961 fand der erste Hessentag in Alsfeld statt. Und 2010 sollte es wieder so weit sein: Der 50. Hessentag sollte ebenfalls nach Alsfeld kommen. Doch die Stadt befand sich zur Zeit der Vorbereitungen in finanziellen Schwierigkeiten und das prestigeträchtige Fest der Hessen entfiel. In der Ausstellung erinnert ein leerer Rahmen auf weißem Grund unter dem Titel "Alsfeld feiert nicht!" mit einem Augenzwinkern daran. Das Alsfelder Minnigerode-Haus, 1687 erbaut durch Johann Ludwig von Minnigerode, gehört zu den prächtigsten Patrizierhäusern in Alsfeld und ist neben dem Neurath-Haus Standort des Stadtmuseums. Eine Skulptur der Justitia, die sich am Eingangsportal des Minnigerode-Hauses befand, erinnert an die Errichtung des Prachtbaus. In den 1960er Jahren wurden bundesweit Konzepte für die Sanierung historischer Altstädte erarbeitet. Auch Alsfeld wurde in diesem Zusammenhang "verplant". 1967 wurde der Rahmenplan für die Altstadtsanierung fertiggestellt. Die beiden ausgestellten Stadtpläne zeigen die darin vorgesehenen  Abbrüche und Neubauten. Nach der Machtübernahme 1933 forcierte die nationalsozialistische Regierung bekanntlich massiv das Vorhaben des Autobahnbaus. Bereits 1938 erhielt Alsfeld einen Autobahnanschluss. Der direkte Anschluss an die Autobahn ist für die Stadt und ihre Erreichbarkeit bis heute von enormer Bedeutung.
Alsfeld hatte eine große und wohlhabende jüdische Gemeinde. Diese weihte 1905 eine neue Synagoge ein - ein repräsentativer Neubau mit bis zu 350 Plätzen. Der ausgestellte Davidstern war an der Spitze des Daches angebracht. Leider blieb auch die Alsfelder Synagoge nicht von den Pogromen der Nationalsozialisten im Jahr 1938 verschont. Zwar blieben einige Mauern stehen und Torarollen sowie der Toraschrein konnten gerettet werden (sie befinden sich noch immer im Bestand des Stadtmuseums Alsfeld). Doch der menschenverachtende Angriff leitete das jähe Ende jüdischen Lebens und jüdischer Kultur in Alsfeld ein. Das "Rotkäppchen" der Schwälmer Tracht zeigt an, dass die Trägerin noch unverheiratet ist.Das Exponat verweist darauf, dass Alsfeld 1975 Mitglied der Deutschen Märchenstraße wurde. Im Hintergrund ist der Davidstern der ehemaligen Synagoge zu sehen. Oben in der Vitrine schwebt ein Herrenhut der Alsfelder Hutfabrik Rockel, die ihre hochwertigen Produkte einst in zahlreiche Länder exportierte. Unten stehen die Anstecker anlässlich des 450. Jubiläums des neuen Rathauses für die Erbauung des Alsfelder Wahrzeichens im Jahr 1512. Hier wagt die Ausstellung einen verheißungsvollen Blick in die Zukunft. Denn im Moment wird mit Hochdruck an einer neuen Dauerausstellung für das Stadtmuseum Alsfeld gearbeitet. Zu sehen sind erste Visualisierungen einzelner Ausstellungsbereiche.
Der GMV hat zum Jubiläum noch weiteres geleistet. Eine umfangreiche Festschrift dokumentiert 800 Jahre Stadtgeschichte auf mehr als 500 Seiten. Ein Zeitstrahl, der die wichtigsten Ereignisse der Stadtgeschichte beinhaltet liegt der Festschrift bei. In der Ausstellung ist dieser auch großformatig an den Wänden angebracht. Nicht nur im Museum gibt es Ausstellungsobjekte, auch im Stadtraum gibt es das ein oder andere zu entdecken. Die Stadt wird somit selbst zur Ausstellung. Das große Modul auf dem Marktplatz erinnert an den einst geplanten Abriss des Rathauses (der zum Glück verhindert werden konnte) und die Anfänge des Denkmalschutzes in Alsfeld. Des weiteren werden auch Baudenkmäler im Stadtraum als "Objekte" in die Ausstellung einbezogen. Im Begleitheft oder über QR-Code können auch hier die dazugehörigen Geschichten abgerufen werden. Hier ein Objektschild an der Friedhofskapelle am Frauenberg, die bereits 1365 angelegt wurde. Hier die Objektbeschriftung am Alsfelder Rathaus. Hier wird die Ersterwähnung des Rathauses im Jahr 1386 thematisiert.
Jochen Weppler, der 1. Vorsitzende des Geschichts- und Museumsvereins Alsfeld, bei seiner Begrüßung anlässlich der Ausstellungseröffnung am 15. Mai, dem Internationalen Museumstag 2022. Schirmherr der Ausstellung ist Bundesminister a.D. und Mitglied des Deutschen Bundestages Prof. Dr. Helge Braun. Prof. Braun bei seinem Grußwort anlässlich der Eröffnung. Christina Reinsch, die Geschäftsführerin des Hessischen Museumsverbandes, bei ihrem Grußwort anlässlich der Ausstellungseröffnung. Dr. Daniel Groth von ConCultura erläuterte bei der Eröffnung das Ausstellungskonzept.